Jahre liegt es zurück, in einer Zeit, als ein Tonträger namens Kassette noch mit aller Selbstverständlichkeit im alltäglichen Leben seinen Gebrauch fand. Es war die glückliche Ära, in welcher man der Angebeteten noch unter nicht geringem Aufwand ein Mixtape zusammenstellte. Übrigens ein tausendfach romantischeres Phänomen als schlicht eine schnöde CD mit Lieblingsliedern zusammenzustellen und dann auf den „Brennen“-Button zu drücken. Nein, das Mixtape zu kreieren bedeutete Arbeit in Echtzeit und war schon deshalb jedes Mal etwas ganz Besonderes.
Irgendwann jedenfalls, eben in diesen Tagen, als jeder von uns noch so lange vor- und zurückspulen musste, bis der gewünschte Titel gefunden ward, da spielte man mir ein Tape zu, das mich bis heute nachhaltig beeinflussen sollte.
Es handelte sich dabei um – grob formuliert – äthiopischen Funk der Jahre 1969 – 1974. Diese Musik steht in Sachen Groove allen amerikanischen Soul- und Funkkünstlern dieser Zeit in nichts nach. Im Gegenteil, gerade die Gesangseinlagen sind derartig „besonders“, dass diese Musik auch noch einen ganz eigenen Reiz entwickelt. Man findet da Stücke die Balladenhaft das Ohr verwöhnen, aber noch schöner ist es, wenn es „Sexmachine-mäßig“ nach vorne geht. Im Prinzip muss ich da mit Alltagsfloskeln kurz ins Ausrasten geraten, denn musiktheoretische Diskurse liegen mir eh fern: Es ist der heisseste Shit, einfach schweinigst geilest!!!
Um jetzt die Kurve zu kriegen, dieses Tape habe ich gehütet wie einen Schatz und dennoch irgendwie eingebüßt. Es blieb nur die traurige Erinnerung an jene ganz besonderen musikalischen Perlen. Ich befürchtete nie wieder oder nur durch glückliche Fügung des Schicksals je wieder mit dieser Musik in Berührung zu kommen. Doch dann dies:
Es gibt tatsächlich eine ganze Reihe allerfeinster Compilations auf denen dieses Zeitalter der äthiopischen Soul, Funk und Jazzgeschichte veröffentlicht ist. Unter www.budamusique.com zu finden.
Ich halte soeben einen Tonträger mit dem Namen „Ethiopiques Swinging Addis 1969 – 1974 Vol. 8“ in den Händen und strahle über´s ganze Gesicht. „Es is ä Traam“, wie wir im Erzgebirge zu sagen pflegen und es lohnt sich unbedingt diesen großartigen äthiopischen Musikern Gehör zu schenken.
Und wenn wir schon dabei sind, beim Thema Musik ins Schwärmen zu geraten: Am morgigen Dienstagabend wird es erneut im Scheunecafé eine „Feine Nachtmusik“ geben. Es werden zwar keine afrikanischen Klänge zu hören sein, aber ich bin mir sicher, dass mein Gast DJ Perle (Kursoundz) auch sehr edle Scheiben auflegen wird. Nach seinen Worten gibt es „musikalische Erkenntnisse der letzte 40 Jahre“ zu hören, aus den Bereichen World / Art-Rock / Chanson / Jazz / Dub. Und seien wir doch mal ehrlich, letztendlich alles Musik deren Wiege ebenso in Afrika liegt.
„Rademanns Feine Nachtmusik“, 05.04., 22 Uhr, Scheunecafé