Dem großen Zufall war es zu verdanken, dass ich vorgestern die Prag Biennale noch vor ihrer Vernissage erleben durfte. Zirka drei Stunden zu früh eingetroffen, wurde ich am Einlass gefragt, ob ich auch ein Künstler sei, und als ich mit dem fiesesten aller Blicke das Wachpersonal von meiner außerordentlichen Wichtigkeit überzeugen konnte, ließ es mich gutgläubig passieren.
Die Prag Biennale findet bereits zum vierten Mal statt. Wer es mir gleichtun und sie besuchen möchte, findet das Ausstellungsgelände nur zwei Metrostationen vom Altstädter Ring entfernt im Stadtteil Karlìn. Ein altes Fabrikgebäude dient als Unterschlupf für die Werke hochinteressanter Künstler aus nahezu der gesamten Welt, besonders aber aus Osteuropa, Italien und Südostasien. Die Biennale zeigt vor allem Neuheiten im Bereich der Malerei, seltener sind Videokunst und Plastik. Angekoppelt ist darüber hinaus erstmalig die Biennale Foto.
Bei der Vielzahl der ausgestellten Werke ist es natürlich schwierig, einen repräsentativen Überblick zu geben, und genaugenommen kann ich das auch gar nicht, denn mein Interesse galt ausschließlich jenen Künstlern, die für mich Ideen für mein eigenes literarisches Schaffen liefern konnten. In dieser Hinsicht kommt mir der, wie sich auch in Prag zeigte, internationale Trend entgegen, sich wieder vermehrt dem Gegenständlichen zuzuwenden.
Stellvertretend dafür möchte ich auf den in Rumänien geborenen Serban Savu verweisen. Er zeigt, wie man sich als Kunstschaffender von dem ewigen Zwang befreien kann, auf Biegen und Brechen schockieren zu müssen. Was er malt, sind vor allem wertneutrale Alltagsszenen, wie man sie in nahezu jedem Land des ehemaligen Ostblocks erleben könnte: Menschen bei der Arbeit – auf dem Kartoffelacker, in der Industrie oder sonst wo – Familien beim Picknick, Jugendliche beim Abgammeln auf dem Parkplatz etc. Seine Bilder sind still und nur aufs Wesentliche reduziert. Die kommunistische Vergangenheit wird dabei weder verklärt noch verteufelt, alles ist offen und liegt beim Betrachter. Für mich persönlich auch ganz wichtig war der Entstehungsprozess seiner Bilder. Savu nutzt Fotos als Ausgangsmaterial und überträgt ausgewählte Szenerien anschließend auf Leinwand – eine Verfahrensweise, wie sie so ähnlich u.a. auch der erst kürzlich im Dresdner Lipsiusbau ausgestellte Martin Eder nutzt. Auch in der Literatur gab und gibt es durchaus Vergleichbares, bspw. griffen Thomas Mann oder Ernest Hemingway bei der Ideenfindung ebenfalls gern auf Fotomaterial zurück.
Falls ihr jetzt Lust bekommen habt, Prag erreicht man z.B. mit dem täglich von Dresden aus verkehrenden Linienbus des RVD. Die Prag Biennale wartet noch bis zum 26.07.09 auf euren Besuch.
Öffnungszeiten: täglich, 11 – 19 Uhr