… Martina Schröder (36 Jahre) klagt in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung:
Ich bin FDP-Stammwählerin und nach diesem Jahr richtig frustriert.
Das sind wir alle, junge Frau.
Nach dem sensationellen Wahlsieg hatte ich gehofft, dass die Liberalen alles daransetzen, die bürgerliche Mitte zu entlasten.
Seien wir bitte nicht zu kritisch – ich bin sicher, die Liberalen haben alles darangesetzt, nur war das eben nicht besonders viel.
Als Vorstandsassistentin eines Finanzdienstleisters bin ich wohl Durchschnitts-Besserverdienerin und ächze unter der Steuerlast.
Den Begriff „Durchschnitts-Besserverdienerin“ möchte ich jetzt schon als Wort und Unwort des Jahres 2011 vorschlagen. Wie Frau Schröder unter der Steuerlast ächzt, kann ich mir lebhaft vorstellen. Es muss eine wirkliche Qual sein, von den 10000 Euro, die einem als Anteil an der Ausbeutung der arbeitenden Klasse rechtmäßig zustehen, nur 5000 Euro behalten zu dürfen. Und das, während der arbeitsscheue Pöbel sein Hartz IV verprasst und dafür nicht einmal Steuern bezahlt!
Erste Zweifel hatte ich, als Guido Westerwelle sich ins Auswärtige Amt verabschiedet und der CDU das Finanzressort überlassen hat, mit dem man der Mittelschicht wirklich helfen kann. Seitdem funkt er nur mit kruden Sprüchen in die Wirtschaftspolitik hinein – Stichwort: spätrömische Dekadenz.
Es ist wirklich ein Jammer, dass der Mann, der zum Thema Wirtschaft nur krude Sprüche produziert, nicht Finanzminister geworden ist. Dann wäre sicher alles gut geworden.
Aus den großen Steuerplänen ist dann ja auch nichts geworden. Natürlich hat eine Regierung in der Krise wenig Spielraum, aber die FDP hat nichts erreicht. Muss ich als Wähler so viel spenden wie die Hoteliers, um entlastet zu werden?
Ja, das müssen Sie, Frau Schröder. Wer profitieren will, muss eben investieren. Das sind die Gesetze des Marktes. Aber trösten Sie sich doch: Immerhin erhalten FDP-Mitglieder doch einen Rabatt bei der privaten Krankenversicherung.
Das Gesundheitssystem ist dank Herrn Rösler nicht gerechter und günstiger geworden. Die Euro-Krise müsste für die FDP eigentlich das größte Thema überhaupt sein, aber auch hier hört man nichts. Auch nicht zum Thema Bürgerrechte – wo ist eigentlich die Justizministerin? Ich glaube, ich werde Nichtwählerin.
Ich bitte darum. Aber ich zweifle. Es gibt schließlich noch die Grünen.