In letzter Zeit häufen sich Meldungen, dass der Dresdner freie Sender coloRadio demnächst zwangsweise eingestellt werden könnte. Da die sächsischen Privat-„Radios“ das Interesse am Abspielsender Apollo verloren haben, geht die Frequenz flöten, wenn nicht der Staat einspringt und den sächsischen freien Radios die Sendegebühren bezahlt. Man wird hier also eine interessante Entscheidung unserer neuen schwarz-gelben Landesregierung beobachten können. Angesichts der Tatsache, dass die freien Radiomacher sich traditionell vor allem aus den verschiedenen Gruppierungen des linken Spektrums rekrutieren, dürfte die Versuchung nicht gering sein, den Stecker zu ziehen.
Anlässlich der Nachricht gab es aber auch Debatten um den Sinn und Unsinn von coloRadio. Ich muss zugeben, dass ich nicht zu den regelmäßigen Hörern des Senders gehöre. Als Gast im Studio war ich schon mehrmals und traf dabei immer sympathische Enthusiasten. Ab und an wurden auch Mitschnitte unserer Lesebühne Sax Royal gesendet, was für die Toleranz der Macher spricht, haben wir doch den freien Sender auch literarisch schon gelegentlich veräppelt. Ein gewisser Hang der Programmgestalter zur sächsischen Mundart und zur politischen Gewissheit bot sich dazu an. Bei den Besuchen des Sender fiel mir nicht nur auf, dass es (natürlich) keinen Chef und keine Hierarchie gibt, sondern auch, dass die Macher selbst gegenseitig ihre verschiedenen Sendungen nicht zu hören scheinen. Sonst wäre ich doch wohl nicht drei Mal zum selben Thema interviewt worden.
Die in der Debatte aufgeworfene Frage, ob es ein dezidiert „linkes“ (was immer das sei) Bürgerradio geben dürfe, möchte ich salomonisch beantworten: Natürlich sollte ein freies Radio niemandem wegen abweichender politischer Meinungen das Senderecht verweigern. Aber die Gefahr, dass sich die Mitglieder der Jungen Union zu unbezahlter Tätigkeit herablassen, scheint mir doch eher gering. (Sie haben ja ihren eigenen Bürgersender mit sächsischer Mundart und politischer Gewissheit: MDR.) Und täten sie es doch! Welch interessante Debatten könnten daraus entstehen! Ich habe ja schon oft meine Ansicht geäußert, dass es in Deutschland einen Mangel an wirklich grundsätzlichen Debatten in der Öffentlichkeit gibt.