Der Gerichtsreport beginnt schon einmal vielversprechend:
Möglicherweise wäre die Angeklagte besser gefahren, wenn sie mit einem Strafverteidiger in ihren Prozess am Amtsgericht Dresden erschienen wäre. Doch den kann sich die Hartz-IV-Empfängerin nicht leisten.
Tja, Pech gehabt. Hätte jemand sie darüber informieren müssen, wie man auch ohne Geld einen Rechtsbeistand erhalten kann? Wen interessiert’s.
Der delikate Vorwurf: Die 59-Jährige soll Einnahmen als Prostituierte erzielt, aber nicht der Arge gemeldet haben.
Sollte eine 59-jährige, die noch Einnahmen als Prostituierte erzielen kann, nicht vor allem Respekt verdienen? Aber ach, die arge Arge, sie denkt immer nur ans Geld. Und um welche astronomischen Summen ging es jetzt eigentlich?
Auch wenn die Freier kaum 90 Euro im Monat bei der Dirne ließen, sie hätte ihre – geringfügige – Liebesbeschäftigung nicht verschweigen dürfen.
Merkwürdig, der Artikel, der vermutlich als heitere Anekdote aus der Welt der Justiz die Leser erheitern sollte, führte bei mir zunehmend zu Unwohlsein und Melancholie. Das macht wahrscheinlich meine zügellose Fantasie. Wo andere nur von einem lustigen Fall lesen, muss ich mir immer gleich eine alte Frau vorstellen, die mehrere Männer im Monat drüberlassen muss, um neunzig Euro zusammenzubekommen.
Weil sie das von März 2007 bis Mai 2009 jedoch getan habe, sei der Arge ein Schaden von 2327,88 Euro entstanden – wie auch immer man auf diesen Betrag gekommen ist.
Schlimm. Hätte die Frau ihre Fickwirtschaft nur ordentlich als Nebenverdienst angemeldet, dann hätte der Staat die Einnahmen einkassiert und wohl nichts einzuwenden gehabt.
Laut Anklage hat die Frau gewerbsmäßigen Betrug in vier Fällen begangen, denn sie habe regelmäßige Einkünfte erzielt. Mindeststrafe: sechs Monate.
Das also ist „gewerbsmäßiger Betrug“? Erstaunlich. Ich hatte bei dem Begriff immer an andere Dinge (FDP, katholische Kirche u.ä.) gedacht.
Die Angeklagte legte ein Geständnis ab. Sie habe nur ihre Schulden zahlen wollen, sagte die 59-Jährige, die bislang nie straffällig war. Offenbar hatte sie nicht einmal geahnt, dass sie das wenige Freiersgeld angeben muss.
Die arme Frau ohne Anwalt gesteht nicht nur, sie gesteht auch gleich noch ihre Unwissenheit. Aber wie man weiß, schützt Unkenntnis vor Strafe nicht. Endlich mal wieder jemand, den man schön glatt aburteilen kann.
Die Staatsanwältin forderte eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Das war Richter Hans Hlavka deutlich zu viel. Er verurteilte die Frau wegen gewerbsmäßigen Betruges zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten.
Wirklich eine geradezu bestialische Humanität. Nur acht Monate! Das heißt, dass die Sozialbetrügerin im Fall der Fälle einen Tag Gefängnis für 9,70 Euro illegaler Einnahme absitzen muss.
konnten arge und staatsanwalt die einnahmen der frau irgendwie belegen?
oder reichte hörensagen?
Das weiß ich nicht. Aber vermutlich wird die Frau in intensiver Befragung im Vertrauen auf den Rechtsstaat auch gleich eine genaue Summe gestanden haben.
und 100 im monat darf sie auf jeden fall dazu verdienen und die freier werden keinen quittungsblock dabei gehabt haben… und was ist das ziel des kintopp- und weglassungs-artikels? mitleid erregen? arge dissen? die durchtriebenheit der hartz4-leute illustrieren? helfen beim zeitungsniveau senken?
Das ist mir auch nicht ganz klar, es klingt ein bisschen wie „Auch das gibt’s“, eine heitere Anekdote aus der verrückten Welt der Justiz.