Sehr geehrte Damen und Herren der Gesellschaft Historischer Neumarkt,
mit bitterem Ernst und tiefer Besorgnis wende ich mich an Sie mit diesem Protestschreiben, das in Ihren Köpfen vielleicht wirkungslos verhallt, aber die Stimme der Gerechtigkeit zumindest ein letztes Mal ertönen lassen wird. Es geht um das von Ihnen als „Informationspavillon“ bezeichnete und auf dem Pirnaischen Platz nicht weit vom Stadtmuseum errichtete Gebäude. Ein Blick auf Ihre Heimatseite im Zwischennetz ließ mich erschauern: Da steht doch tatsächlich geschrieben, diese architektonische Ausgeburt der Hölle solle noch mehrere Jahre an diesem Platz stehen, um zur Meinungsbildung der Dresdner Öffentlichkeit, der Investoren und auch der Besucher Dresdens beizutragen. Wie können Sie es wagen, das Zentrum unseres schönen Dresdens mit einem derartigen Bauwerk zu verschandeln? Sehen Sie denn nicht, wie dieser sogenannte Pavillon, der in Wahrheit ein monströser Kubus aus Glas und Stahl ist, die harmonische städtebauliche Einheit unseres schönen Dresdens zerstört? Begreifen Sie denn nicht, dass die historisch gewachsene Atmosphäre des Pirnaischen Platzes unwiederbringlich verloren geht? Liegt Ihnen denn unser schönes Dresden überhaupt so wenig am Herzen, dass Sie ihm einen solchen Pfahl ins Fleisch stoßen? Hier zeigt die Arroganz der modernen Architektur ihre gesichtslose Fratze. Gut ist dagegen alles, was historisch ist und sorgfältig rekonstruiert wurde. Unser schönes Dresden musste soviel Leid über sich ergehen lassen: den Bombenholocaust, die dunklen Jahre der Plattenbaudiktatur, die Feuertreppe am Stadtmuseum. Gerade erst verspürt das historische Zentrum wieder einen zarten Aufwuchs, das Herz unseres schönen Dresdens heilt, die Frauenkirche erhebt sich majestätisch in den Himmel. Und sie zerstören diese naturwüchsige Harmonie nun mit diesem abscheulichen Zweckbau? Existieren überhaupt noch Mittel und Wege, diese Schandbebauung zu verhindern? Ist die Öffentlichkeit in Dresden wirklich so lethargisch und wartet erst mal in Ruhe ab? Wessen Geistes Kinder sind dort am Werke, die nur auf Profit aus sind und ohne Rücksicht auf die Sensibilität des Ortes bauen? Mir scheint, es sind Bauschrecken! Ich weiß nicht, wie dumm und dreist man sein muss, um so etwas Hässliches an so einem geschichtsträchtigen Platz zu bauen. Sie sollten sich schämen! Wenn Sie noch einen Funken Liebe zu unserem schönen Dresden im Leibe haben, kann die Devise nur lauten: Abriss jetzt!
Hochachtungsvoll,
Michael Bittner
Gesellschaft Historischer Pirnaischer Platz Dresden
:-), aber „Bombenholocaust“?
hahaha, danke, you made my day ;-)
Zum Thema heutiger Architektur allgemein habe ich mich mal kräftig ausgekotzt. Siehe unter
http://blog.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.view&friendID=124102664&blogID=404756554&Mytoken=E2BC7E27-9F11-4976-A143B531986CBD992742803
(nicht nur eingeloggt lesbar)
Hallo Tobi, du hast sicher gemerkt, dass der obige Text ironisch gemeint ist. In dieser Hinsicht zielt deine Polemik in eine andere Richtung. Bei dir vermischen sich wie ich finde zwei verschiedene Anliegen: Zum einen der Protest gegen eine allein von kommerziellen Interessen bestimmte Stadtplanung, zum anderen Vorbehalte gegen gewisse Formen ideenloser und stereotyper moderner Baukultur. Man sollte da nur aufpassen, nicht das Klischee zu befördern, „die“ moderne Architektur produziere immer nur langweilige Stahlbetonwürfel. (Das macht die sogenannte „historisierende“ Architektur übrigens auch, nur klebt sie dann am Ende noch pseudo-historische Fassaden dran.)
Ich liebe dich, Micha!
ach ja, Gewandhaus: Ja bitte!!!
Micha, ich gebe dir in allen Punkten Recht!