Morgens um 12 bestiegen wir am letzten Freitag einen geräumigen Kleinbus und machten uns auf den Weg zum bis dato entferntesten Gastspiel unserer noch jungen Karriere als Dresdner Lesebühne Sax Royal. Am 26. September erwartete man uns beim Ersten Nationalen Lesebühnenfestival in Hannover, das die örtliche Lesebühne ORAL organisiert hatte. So setzte sich der Bus, gefüllt mit einem euphorisierten Rudel junger Hunde, in Bewegung. Bei einem Zwischenstopp in Leipzig luden wir noch einen dank Sonnenbrille leicht als Pornostar erkennbaren jungen Mann ein, der eine entfernte Ähnlichkeit mit Julius Fischer hatte. Unsere bezaubernde Begleiterin Christiane Michel sorgte dafür, dass die säuischen Witze im Rahmen des human noch Erträglichen verblieben. Wir erreichten die Stadt an der Leine (Hannoveraner lieben solche Wortspiele, wurde uns versichert.) und waren vom Charme und Schick dieser Stadt augenblicklich verzaubert. Ort des Geschehens war das sympathische Zirkuszelt eines Rampenlicht-Varietés, in das des Abends dann weit über hundert Besucher strömten. Ein erhebender Anblick, einzig ungewöhnlich erschien uns der Altersdurchschnitt von etwa 50 Jahren – sind wir doch gewohnt, vor allem Studenten und sonstiges junge Gemüse zu bespaßen. Die Menschen erwiesen sich aber als ausgesprochen begeisterungsfähig und auf angenehme Weise aufmerksam. Sie ließen sich selbst nicht vertreiben, als sich nach der tollen Show der Schwabinger Schaumschläger aus München unser Auftritt noch um fast eine Stunde verzögerte. In der Nähe wurde das Hannoveraner Oktoberfest (sic!) nämlich noch mit einem Feuerwerk der Marke Dicke Bertha eröffnet. Im Anschluss ging es zur Nachbereitung in ein Hannöversches Kultur- und Vergnügungszentrum. Wir kamen also in die Faust (Sie dürften jetzt langsam einen Eindruck vom Humor des Abends gewonnen haben …) und beglückwünschten uns wechselseitig zu unserer Existenz. Roman und Stefan brachen mit Christiane zu ihrem Schlafquartier bei Anikò Kövesdi von der Hannoverschen Lesebühne Nachtbarden auf. Ihr gilt unser Dank nicht weniger als Tobi Kunze von ebenderselben Formation, der Julius, Max und mich einquartierte. Meine Mitteilung, ich hätte eine Flasche Becherovka als Gastgeschenk dabei, sorgte für ungekünstelte Freude. Ach, was soll ich noch erzählen! Sagen wir einmal, der romantische Traum von der Poetisierung des Lebens ward in dieser Nacht wenigstens für einige Augenblicke Wirklichkeit. Es war Musik in der Luft, Liebe nicht weniger und Verse wurden ersonnen, von denen Tobi hoffentlich nie Zeugnis geben wird. Als ich das letzte Mal auf die Uhr sah, war es gerade halb sieben. Als wir uns am nächsten Morgen bei Tobi dafür bedankten, dass er eine so chaotische Truppe beherbergt hatte, gab er uns die beruhigende Antwort: Er sei einiges gewohnt, schließlich habe er schon Weißrussen untergebracht. Kann man es besser ausdrücken? Stefan fuhr uns wieder nach Hause, Max machte Schalle, alle waren froh und glücklich und hoffen sehr, dass diese Festivalidee ihre Fortsetzung finden wird.