Zur Frage der deutschen Einheit

Die Gemüsefrau am Wasaplatz bekommt Konkurrenz im Kampf um den Titel der scheußlichsten Person Dresdens. Schon als wir den Spätshop in Johannstadt betreten, plärrt die ältliche Verkäuferin hinterm Tresen auf die stillen Berufstrinker ein, die sich vor dem Dauerregen ins Innere geflüchtet haben: „Wer sitzt denn hier an der Macht in Dresden? Das sind doch alles bloß Wessis, die hier bestimmen! Alles Wessis! Und was funktioniert? Nichts! Die Straßen verrotten, die Brücken fallen auseinander!“ Minuten später beim Bezahlen hat sie sich immer noch nicht beruhigt. Selbst die Trinker schweigen inzwischen betreten. „Die Wessis sollen bleiben, wo sie herkommen! Was wollen die denn hier? Die können in Dortmund machen, was sie wollen, aber nicht bei uns in Dresden!“

Beteilige dich an der Unterhaltung

2 Kommentare

  1. Zweifellos: die Wiedervereinigung/Beitritt hat 16 Mio Ossies, wo einer dem anderen das Trabbi-Ersatzteil unterm Arsch nicht gönnte, zu einer homogenen, verschworenen Gemeinschaft geschmiedet oder wie wir beim Fußball gerne sagen: „16 Mio Freunde müßt Ihr sein! Ein Spiel dauert 40 Jahre und der Ball ist russisch.“

  2. Da fallen mir wieder die Schriften von Kurt Tucholsky ein: „Der Mensch ist ein politisches Geschöpf, das am liebsten zu Klumpen geballt sein Leben verbringt. Jeder Klumpen hasst die andern Klumpen, weil sie die anderen sind, und hasst die eignen, weil sie die eignen sind. Den letzteren Hass nennt man Patriotismus.“
    Furchtbare Menschen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert