Eben komme ich aus der Ausstellung too much future – Punk in der DDR 1979-89, die noch bis zum 14.10.2007 im Stadtmuseum Dresden zu bestaunen ist. Fazit: Unbedingt ansehen! Und -hören! Ebenso erstaunlich wie erfreulich, dass eine so interessante und außergewöhnliche Schau den Weg in dieses repräsentative Haus gefunden hat.
Natürlich ist die Musealisierung einer Subkultur stets ein Zeichen dafür, dass die ehemalige Brisanz längst vergangenen Zeiten angehört. Wäre dem nicht so, dann hätten auch die Versuche, den Punk ins kulturelle Gedächtnis zu überführen, keine Chance. Das kann man bedauern – und wem schaudert es nicht, wenn er sieht, wie im Kaufhaus ein „Punk-Lexikon“ auf Käufer wartet? Wer sonst beim Anblick von Punks die Straßenseite wechselt, kann nun beim Milchkaffee über die Subversivität des Punk diskutieren. Doch hat man sich mit dem Unvermeidlichen abgefunden und lässt sich auf die Ausstellung ein, dann findet man ein Mischung aus Bild-, Ton- und Textdokumenten, die ihr Möglichstes tut, der Gefahr der Konventionalität zu entgehen.
Gleich am Eingang begrüßen den Gast zugleich ein lebensgroßes Foto eines Ost-Punks und die Gebote der Freien Deutschen Jugend. Immer wieder stößt einen die Ausstellung mit der Nase auf den enormen Widerspruch zwischen der virtuellen Realität der sterbenden DDR der 80er Jahre und der Wirklichkeit der Untergrundkultur. Dass die Punkszene in Ostdeutschland sich quantitativ nicht mit der westdeutschen vergleichen lässt, dürfte sich von selbst verstehen. Umso beeindruckender legen Dokumente Zeugnis davon ab, wie viel mehr Mut es im Arbeiter- und Bauernstaat brauchte, um sich so offensichtlich zum „Anders“-Sein zu bekennen. Trotzdem gab es in Berlin, Leipzig, Erfurt, Halle und anderen Städten eine Punkszene mit vielen illegalen Bands, die der ständigen Überwachung durch Volkspolizei und Staatssicherheit zu trotzen versuchten. In Dresden waren die Punks natürlich besonders störend – um die barocke Kulisse nicht zu verschandeln, gab es bald für bestimmte Jugendliche ein offizielles „Innenstadtverbot“. Heute heißt das, glaube ich, „Platzverweis“.
Zu sehen gibt’s in der Schau neben vielen Postern, Flyern, Zeitschriften und Fotos auch zeitgenössische Kurzfilme – ständig untermalt von einem anständigen Soundtrack. Mein persönlicher Favorit aber war ein Schulungsfilm des Ministeriums für Staatssicherheit, in dem die ganze Spießigkeit dieser Kleinbürgerdiktatur bestens illustriert wird. Man möge all den Jungstalinisten der „neuen“ Linken doch bitte Freikarten zukommen lassen!
Der Druck der Überwachung, aber auch die mit dem Wachstum der Szene unvermeidliche Zersplitterung ließen die Szene noch vor der Übernahme durch Westdeutschland zerfallen. Doch zahlreiche Punks von damals haben nach der Wende ihren Weg in Musik, Literatur, Medien und Kunst gefunden – so etwa die heute bekannte Dresdner Künstlerin Cornelia Schleime, die damals in einer Band mit dem schönen Namen „Zwitschermaschine“ sang.
Als Ergänzung zur Ausstellung empfiehlt sich übrigens ein gleichnamiger Film, der gerade im Kino angelaufen ist. Ein Bericht folgt demnächst an dieser Stelle.