Im Zug nach Hof sitzen hinter mir zwei anstrengende junge Männer: Checker. Arbeitsdefinition: Checker sind Typen, die es nicht als Beleidigung empfänden, als Checker bezeichnet zu werden. Der eine warnt den anderen, sich bloß nicht auf eine Fickbeziehung mit Monika einzulassen: „Wirst sehen, noch zehn Mal, dann ist die Hose plötzlich zu und sie will was Ernstes!“
Im Zug nach München drei Stunden in einem Abteil mit einem jungen Mann, der offensichtlich geistig retardiert ist. Er schaukelt unablässig mit dem Oberkörper, klappert Melodien mit seinen Zähnen oder singt laut We are the Champions von Queen. Keiner traut sich, ihm ein böses Wort zu sagen, weil er doch wohl nur ein gutmütiger Idiot ist, der nichts für sein Verhalten kann. Wäre er ein rücksichtsloser Kerl, man hätte ihn längst hinausgeworfen. So trauen wir uns nicht einmal, selbst das Abteil zu wechseln, weil das doch wohl beleidigende Intoleranz zeigen würde. Ich möchte unser Verhalten als Forrest-Gump-Syndrom bezeichnen. Die Menschen sind doch manchmal besser als man denkt.
Was soll ich zum Auftritt bei der Schwabinger Schaumschläger Show sagen? Jeder, der schon einmal dort war, weiß ohnehin Bescheid. O, Johanna, Barkraft und Seele des Vereinsheims, Du Rose von Schwabing!
Im U-Bahnhof singt ein kleines Mädchen: „Der Papa ist ein Regenwurm! Der Papa ist ein Regenwurm!“ Ungefähr hundert Mal. Kinder haben Ausdauer, aber nur bei Dingen, die (ihnen) Spaß machen.
Ach Menno, beim letzten Mal war se ni da!
Irgendwie erscheint es mir wenig spannend, die Verhaltensweisen von Menschen mit Behinderung in solch einen Artikel einzubauen, auch das Wort ‚gutmütiger Idiot‘ stört mich. Schön, wenn in dem genannten Fall wenigstens Toleranz bzw. Akzeptanz vorherrscht und der Mann nicht hinausgeworfen wurde – von dem Ziel der gesellschaftlichen Integration von behinderten Menschen sind wir anscheinend noch sehr weit entfernt – wie ich merke, herrscht in der Gesellschaft immer noch das Bild des Idioten (auf dem Land werden Behinderte immer noch in die Kategorie ‚Dorfidioten‘ eingeordnet), im besten Fall des Exoten vor, was auch sicher damit zu tun hat, dass wohl die Minderheit schon einmal Kontakt mit solchen Menschen hatte – dann würde solch ein Kommentar wohl gar nicht erst zu Stande kommen…
Irgendwie erscheint es mir wenig spannend, bei Themen wie diesem nach politischer Korrektheit zu rufen und die üblichen Phrasen von Toleranz und Integration herbeizuzitieren. Ich finde es in solchen Fällen spannender, ehrlich die Absurdität und Ambivalenz einer solchen Situation zu erzählen, die eigenen widersprüchlichen Gefühle auszusprechen und sich damit auch angreifbar zu machen.