Buchtipp: The God Delusion

Ein ausgesprochen erfrischendes Buch für fröhliche Freidenker möchte ich Euch an dieser Stelle ans Herz legen: Es handelt sich um das atheistische Manifest The God Delusion von Richard Dawkins, das jüngst unter dem Titel Der Gotteswahn auch in deutscher Sprache erschienen ist. Es gehört zu jenen Büchern, nach deren Erscheinen man sich verwundert an den Kopf greift und fragt, wieso sie nicht schon längst zuvor das Licht der Welt erblickt haben.

Der Brite Richard Dawkins ist ein renommierter Evolutionsbiologe und hat aus seiner gottlosen Weltanschauung noch nie einen Hehl gemacht. Dass er nun ein ganze Streitschrift zum Thema vorlegt, hat sicherlich besonders mit dem Siegeszug des „Kreationismus“ in den USA zu tun. Aber nicht nur für den christlichen, sondern auch den islamischen Fundamentalismus hat der Autor Beispiele parat, die jedem nicht durch die Sonntagsschule abgehärteten Leser das Gruseln lehren. Dabei geht es Dawkins nicht darum, einen bösen religiösen „Extremismus“ zu verurteilen, um dann das Heil bei einer „gemäßigten“ Religion zu suchen. Nein, das Erfrischende an diesem Buch ist: Es will keine heimelige Verständigung, keinen lauwarmen Dialog mit dem Glauben, sondern richtet sich argumentativ gegen jede Form der Religion.

Es gibt nicht nur keinen Gott, meint Dawkins, wir brauchen auch keinen. Wer hier nach Gejammer über Gottferne und transzendentale Obdachlosigkeit sucht, wird enttäuscht: Dawkins präsentiert einen optimistischen, befreienden, fröhlichen Atheismus. Er argumentiert dabei mit einer angenehm undogmatischen Mischung aus biologischem Materialismus und moralischem Common Sense. Er schreibt, wie nur jemand schreiben kann, der die Wahrheit auf seiner Seite hat: klar, witzig, ehrlich. Anders als es das deutsche Feuilleton will, das bekanntlich die „Rückkehr“ der Religion herbeizuschreiben versucht, ist hier kein umgekehrter Fundamentalist auf einem „Kreuzzug der neuen Atheisten“ unterwegs. Dawkins ist nicht dogmatisch, sondern leidenschaftlich und konsequent. Nur, weil es in Sachen Religion inzwischen üblich geworden ist, dass Neokonservative und Nachtwächterliberale gleichermaßen die christlichen „Werte“ lieben lernen und doch auch „irgendwie“ ihre „Spiritualität“ entdecken, wirken atheistische Thesen heute radikal.

Zunächst kündigt der Autor den gemütlichen, aber leider unhaltbaren Waffenstillstand zwischen Religion und Wissenschaft auf, wonach beide eben für unterschiedliche Bereiche zuständig seien und sich daher nicht in die Quere kommen. Dawkins zeigt, dass nicht nur Fundamentalisten, sondern alle Gläubigen Urteile über die Welt aus Heiligen Schriften und metaphysischen Spekulationen entnehmen, die schlicht empirisch widerlegt werden können. Sein zentrales Argument lautet: Die These, Gott habe die Welt erschaffen, erklärt gar nichts. Denn wer hat dann Gott geschaffen? Gott kann keine ungeschaffene, ewige und einfache Substanz sein – denn der Schöpfer eines komplexen Universums kann selbst unmöglich weniger komplex sein.

Ausgesprochen unterhaltsam liest sich die anschließende Demontage der traditionellen philosophischen „Gottesbeweise“. Wie lächerlich doch die armen Theologen aussehen, wenn sie auf den argumentativen Beistand des Scheiterhaufens verzichten müssen!

Interessante Thesen bietet das Buch zur Entstehung der Religion. Warum haben alle bekannten Kulturen religiöse Kulte? Dawkins versucht sich an einer evolutionären Erklärung: Religion, meint er, sei der Nebeneffekt des angeborenen Triebes von Kindern, ihren Eltern zu gehorchen. Wer seinen Eltern glaubt, dass es gefährlich ist, nachts in den Wald zu gehen, weil dort Tiger lauern, hat bessere Chancen zu überleben. Leider ist ein solches Kind auch eher bereit, seinen Eltern zu glauben, dass es regnet, wenn man eine Ziege opfert. Unbedingter Glaube ist notwendigerweise das erste Gebot jeder Religion – jede Art von Zweifel ihr Todfeind. Einmal in der Welt vermehren sich religiöse Kulte – auch heute noch – mit rasender Geschwindigkeit. Religionen, so ließe sich zusammenfassen, sind ansteckende Geisteskrankheiten.

In den letzten Kapiteln widmet sich Dawkins schließlich dem liebsten Einwand all jener, die zwar nicht mehr an den lieben Gott glauben, aber die liebe Religion aus moralischen Gründen doch für notwendig halten. Wenigstens für die „Ungebildeten“! Gerade wenn man das unsinnige, aber in Deutschland unwidersprochene Geschwätz in den Ohren hat, nachdem unsere Werte alle auf dem „christlichen Menschenbild“ beruhen sollen, freut man sich über die Erkenntnis, dass unsere Moral schlicht und einfach nicht aus der Bibel stammt. Im Gegenteil: Bekanntlich musste die Aufklärung ihre Ideen der Demokratie und der Menschenrechte bis ins 20. Jahrhundert immer gegen die Kirchen erkämpfen.

Eine Welt ohne Religion wäre keine perfekte Welt, aber in jedem Fall eine bessere. Nicht mehr und nicht weniger behauptet Dawkins. Das Buch wird in den deutschen Feuilletons wenig Freunde finden, wahrscheinlich nicht einmal viele Leser. Schließlich nehmen die ganzen Elogen auf unseren ganz liberalen, ganz offenen und ganz deutschen Papst viel Zeit in Anspruch.

Nur weil zwei Parteien gegensätzliche Positionen einnehmen, schreibt Dawkins, heißt das nicht, dass die Wahrheit in der Mitte liegt. Manchmal kann einfach die eine der beiden Seiten Recht haben und die andere nicht. Aber wir Deutschen sind nun mal leider Meister der „Versöhnung“. Wir werden wohl so lange versöhnen statt spalten, bis uns die Unversöhnlichen die Köpfe spalten.

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