Faust II – Desaster im Dresdner Schauspielhaus

Vor Wochen stieß ich in der Sächsischen Zeitung auf eine Theaterkritik zur Faust II Aufführung im Schauspielhaus unter der Regie von Holk Freytag. Die Kritik fiel haarsträubend aus. Gestern war ich da, um das zu überprüfen. Fazit: die SZ hat seltsamerweise Recht gehabt.
Es war wirklich haarsträubend. Von Anfang an sprachen die Schauspieler den vergülzten Goethetext so undeutlich und schnell, dass man anfangs weder verstand, wer Faust und wer Mephisto war (leider auch nicht an den Kostümen zu erkennen, das Schauspielhaus hat einen Fetisch für nichtssagende Mäntel), noch verstand man überhaupt, um was es da ging. Es wurde gesülzt, was das Zeug hielt. Eine Menge Schauspieler standen ewig nichtstuend auf der Bühne herum und ratterten einer nach dem anderen endlos lange Monologe runter, wie es jeder Grundschüler auch nicht besser oder schlechter hingekriegt hätte. Besonders schlimm dabei: die eintönige Sprechweise, die nur zwischen zwei Registern hin und herschaltete: Gesäusel und Gebrüll – und das an den unpassendsten Stellen. Die Liste wäre endlos lang fortzusetzen.
Immerhin gab es auch das eine oder andere Gelungene: so z.B. die Klassische Walpurgisnachtszene, mit sehr interessanten Kostümen oder die „Geburt“ des Homunculus, der blutverschmiert mit Gummihandschuhen aus dem Fußboden herausgezogen wird oder auch die Szene „Philemon und Baucis“.

Abschlussfazit: Flop! Ich werde mich die nächsten zwei Jahre Theatern wieder fern halten. Meine Empfehlung ans Schauspielhaus: Mut zum Streichen völlig belangloser Stellen, auch und besonders in Goethedramen! Radikales Umschreiben der vergülzten Goethesprache in vernünftige Prosa und Herausarbeitung des Wesentlichen! Sprechtraining für die Schauspieler! Didaktisches Augenmerk auf Handlungseindeutigkeit und kein metaphysisches Gesülz, ich habe keine Zeit und keine Lust, mir den Faust extra vor dem Theaterbesuch noch einmal durchzulesen, nur um die Handlung zu verstehen!
Meine Empfehlung ans Regietheater: Klare, durchstrukturierte, durchgehaltene Konzepte und keinen Mix der 70er, 80er und dem Besten von heute!               

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1 Kommentar

  1. Ging mir mit Faust I auch nicht besser. Da merkt man eben sehr stark die Hand des Regisseurs…
    Was ich dir sehr empfehlen kann (zwei Jahre ohne Theater ist ja auch keine Lösung): DER ZWILLING (Margareth Obexer) im Kleinen Haus. Läuft nur noch zweimal: am 29.6. und 12.7. Sehr bewegend und tief.
    Und wenn’s ein Goethe sein soll, dann doch lieber DIE LEIDEN DES JUNGEN WERTHER, auch im Kleinen Haus. Sehr sehenswerte Inszenierung.

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