Geh doch nach Berlin (1)

Schwimmen lernte ich erst, als die Lehrerin mich nach einigen Tagen der Schwimmschule – die meisten anderen kraulten schon souverän und sprangen vom Dreimeterbrett – im Waldbad Niesky eines Tages unangekündigt ins tiefe Wasser schmiss. Also: Wohnung schon mal gekündigt, ohne eine neue in Aussicht oder auch nur besichtigt zu haben. Und prompt erzählt mir unaufgefordert jeder, dass es völlig unmöglich sei, in Berlin eine Wohnung zu finden. Wie schaffen es dennoch Menschen, in dieser Stadt nicht unter der Brücke zu hausen? Und das mir, dem es vor nichts mehr graust als vor Umzügen. Wäre es möglich, würde ich am liebsten mein ganzes Leben an einem Ort verbringen. Oder mitsamt meiner Wohnung reisen – wie diese Kirche in der Lausitz, die man vor einer Weile am Stück auf einem riesigen Laster vor dem Braunkohlebagger in Sicherheit brachte. Und dann ist auch noch die Frau nicht da, ohne deren Hilfe ich – wie ich gerade merke – inzwischen mein Leben gar nicht mehr zu bewältigen weiß. Trotzdem die ersten „wichtigen“ Briefe verschickt. Eine Frau von der Hausverwaltung terrorisiert mich mit Vorwürfen, ich hätte mich längst wegen der Suche nach einem Nachmieter melden müssen. Was geht mich mein Nachmieter an? Sie beginnt ihre peinlichen E-Mails mit „Guten Tag!“, da fällt bei mir schon die Klappe.

Die Chance, dass wir in zwei Monaten nicht nach Berlin, sondern nur drei Straßen weiter ziehen, besteht noch. Desto wichtiger, sich durch vollmundige öffentliche Ankündigungen wie diese hier selbst unter Druck zu setzen. Wie bei der Rauchentwöhnung, wo man ja auch mit allen Freunden Wetten abschließen soll.

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