Heute Abend war die Nacht der Entscheidung gekommen: Zum ersten Mal musste sich der allwöchentliche Stammtisch in Hebeda’s Familieneinkehr unter dem neuen Rauchverbot versammeln. Würde der Lebensbund der Autorenfreundschaft dieser Herausforderung staatlicher Willkür trotzen können?
Der erste Eindruck war erfrischend: Zum ersten Mal seit ewiger Zeit atmete man in den Räumen der Eckkneipe Luft, die nicht nach Asche, Qualm oder Rauch stank, sondern einen ganz ungewohnten Geruch ausstrahlte: Menschen! Lebendige Menschen! Doch bald schon verflüchtigte sich das brüchige Bündnis am Stammtisch zwischen moribunden Suchtrauchern (Stefan) und Gelegenheits- oder Nichtrauchern (alle anderen). Stefan verflüchtigte sich in das nebenliegende Raucherghetto – alle Versprechen einer baldigen Rückkehr lösten sich in Qualm auf. Er hatte vielmehr schon einen neuen Stammtisch eröffnet, indem er sich mit einem bis dato unbekannten Herrn anfreundete, der zufälligerweise „auch schreibt“ (und auch rauchte). Bei einer seiner kurzen Stippvisiten warf Stefan dann auch noch ein Bierglas am traditionellen Stammtisch um – ein geschickter Schachzug, um den Verbliebenen auch die letzte Freunde am luftigen Gespräch zu rauben. Die Stimmung war gereizt, die Provokationen der Gegenseite rücksichtslos – die Situation erinnerte fatal an die Jahre vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Die unmittelbare Kriegsgefahr legte sich erst mit Stefans übereiltem Abschied.
Hoffen wir alle, dass dieser Abend die Spaltung noch nicht irreparabel verfestigt haben möge. Dem Frieden eine Chance – der Lunge eine Pause!