„Eine jede erkenne sich selbst. Laßt euch von eurem Körper die festen Normen diktieren. Nicht für alle schickt sich ein und dieselbe Liebesstellung. Die Frau, die ein besonders schönes Gesicht hat, soll zurückgelehnt daliegen; den Rücken sollen diejenigen sehen lassen, denen ihr Rücken gefällt. Milanion trug Atalantes Schenkel auf den Schultern: Sind sie gut gewachsen, muß man sie in dieser Stellung anschauen. Die Kleine soll reiten: Andromache saß nie rittlings auf Hektor, weil sie himmellang war. Eine Frau, deren lange Flanke sehenswert ist, möge die Knie auf das Lager drücken und den Nacken etwas zurückbiegen. Hat sie jugendliche Schenkel und untadelige Brüste, so stehe der Mann, und sie selbst liege schräg auf das Lager hingegossen. Glaube auch nicht, es stehe dir schlecht, dein Haar wie die phylleische Mutter aufzulösen, und biege den Hals zurück, während das Haar frei herabwallt. Du auch, der Lucina den Leib mit Runzeln gezeichnet hat, reite, aber wie der schnelle Parther, umgekehrt auf dem Pferd sitzend. Tausendfältig sind die Spiele der Venus; einfach und am wenigsten mühsam ist es, wenn sie halb zurückgelehnt und nach rechts geneigt daliegt.“
Ovid: Ars amatoria. Liebeskunst. Übersetzt und herausgegeben von Michael Albrecht. Stuttgart: Reclam, 1992, 230 Seiten, 5,80€.