Mehr Achtung vor altem Wortgut!

Seit geraumer Zeit ärgere ich mich, dass so viele schöne deutsche Wörter, die unsere Mütter und Großmütter noch kannten, jetzt aussterben. Noch vor 50 Jahren wusste jeder, was ein „Brausebad“ ist. Es wurde durch das französische „Douche“ oder jetzt „Dusche“ verdrängt. Das ist eine Schande! Auch andere wertvolle Worte des deutschen Sprachgebrauchs gibt es nicht mehr. Wer kennt denn heute schon noch die „Docke“ (heute „Puppe“), das „Afterkind“ (heute „uneheliches Kind“), den „Mahlschatz“ (heute das gute alte „Verlobungsgeschenk“) oder die „Klinse“ (die „Spalte“). Oder wer hat das letzte Mal das Wort „Trittoir“ (Fußweg) oder den „Abort“ (Klosett) benutzt?
Darüber hinaus gibt es jetzt viele Anglizismen (wie „Computer“, „cool“, „Broiler“) oder andere hässliche Neu- und Umschöpfungen (wie „geil“, „Alder“, „schwul“). Dabei haben wir doch schon genug passende Entsprechungen für diese Wörter (für „schwul“ z.B. „andersrum“, für „cool“ und „geil“ z.B. „schön“ und „sehr schön“, für „Alder“ z.B. „Junge“ oder „Mensch“, für den „Broiler“ das „Brathuhn“ und für den „Computer“ den „Rechner“). Wir brauchen einfach keine neuen!

Ich möchte deshalb junge Mütter dazu anhalten, ihren Neugeborenen die alten Wörter wieder mit auf den Weg zu geben, damit sie sich wieder einbürgern, es wäre ja sonst schade drum. Denn schließlich sterben mit ihnen nicht nur die Worte sondern auch ein Stück Deutschland und damit auch ein Stück von uns selbst!

Gülz (Sprachretter)

Beteilige dich an der Unterhaltung

5 Kommentare

  1. Lieber Gülz,
    ich möchte Deinen Beitrag aufs Schärfste begrüßen – auch mir liegt die Rettung unserer Sprache am Herzen, das liegt doch auf der Hand und auf der Zunge: Wohin kämen wir denn, wenn wir da immer mitgingen?! Da sage ich mir doch: Das ist mir Schnurz, das geht mich an!

    Oder – um mal eine Metapher aus der (literaturwissenschaftlich ja mittlerweile bei Weitem nicht mehr unterschätzten) Architektur zu bringen: Warum reißen wir denn die ganzen alten Ost-Platten ab, wenn wir uns dann doch bloß neue West-Platten dafür hinstellen?

    Nun gut, dem (G)Eifer sei somit genüge getan – erlaube mir eine kleine Korrektur Deines Beitrages:

    Am Ende des ersten Abschnitts erweist Du Dich leider selbst als der sprachlichen Überfremdung bereits verfallen: Das Trottoir heißt nicht Trittoir sondern Trottoir und ist mit Nichten und Neffen ein deutsches Wort – kommt vielmehr von dem französischen Verb trottoir was so viel heißt wie “trotteln”. Der Abort hingegen dürfte lateinischer Herkunft sein und findet sein modernes Pendant (äh… verzeih, sein hängendes Gegenstück) auf anglisierten Demo-Plakaten zum § 218 (z.B. “abortion is not a crime” etc.). Das Closett hingegen verdanken wir abermals den findigen Franzosen, welche wohl als erste auf die Idee kamen, beim Vollzug der Abortion einfach die Tür hinter sich zu schließen und so die Diskursivität des Themas zu restringieren.

    Naja, ich schließe dann auch…
    Schnurz

    PS: Was ist mit nem ‘Brathuhn’ MIT POMMES UND MAYO?! oder gar mit… äh, wie sagt eigentlich die neue Rechtschreibung zu dem roten Zeuch? Kettschapp?

  2. Na jetzt mal ehrlich, Schnurz – ich verwette meinen Arsch, dass du und ein gewisser Gülz ein uns dieselbe Person seid!

    Schämst du dich nicht, Gülz, Dich jetzt schon selber zu kommentieren?

  3. hallo schnurz,

    mit dem trottoir hast du recht (übrigens danke für die berichtigung des peinlichen rechtschreibfehlers, ich hatte früher eine rechtschreibschwäche), es ist französischer herkunft und auch das klosett. trotzdem halte ich an diesen bezeichnungen fest, weil sie nicht nur sehr sehr schön sind, sondern weil sie auch unsere ahnen benutzt haben. und was meine oma damals schön und vor allem nicht anstößig empfand, das ist auch heute noch gut. denn gerade in dieser zeit des werteverfalls, ist es wichtig, auf altbewehrtes, festgewachsenes zurückzugreifen. aber wenn wir so weitermachen mit der wortrodung und -verstümmelung, dann drohen die verödung ganzer wortwälder und zurück bleiben nur noch vereinzelte wortfelder und zum schluss: die weite leere wüste.

  4. Hallo Gülz,

    es ist mir nicht nur eine große Ehre, hier mit einem einem echten Schriftsteller geleerte Frasen austauschen zu dürfen, es hat mich auch diebisch gefreut, von einem Autoren, welcher andernorts als „Kenner und wesentlicher Teil der jungen Dresdner Literatur-Szene“ bezeichnet wird, mit Dir verwechselt zu werden! Wir könnten dann mal überlegen, was wir mit dessen verwettetem Arsch anfangen werden… Sitzfleisch wird doch gerade in der schreibenden Zunft oft als immens wichtig angepriesen – vielleicht fällt Dir als Schriftsteller ja etwas dazu ein.

    Aber zur Sache: Deine fest verwurzelte Bodenständigkeit, Dein Festhalten an verknöcherten Gewebestrukturen und Deine sorglose Inanspruchnahme der lyrischen Empfindungen Deiner Großmutter spricht mir aus tiefster Seele. In einer Zeit, in der so Viele blindlings dem Fortschritt hinterherlaufen, ist es doch so immens wichtig, daß gerade auch unter den jungen Künstlern sich immernoch welche finden, die blindlings dem Rückschritt hinterherlaufen. Denn Eines gilt ja doch heute wie seit ehedem: Ein halbes Huhn legt noch kein viertel Ei.

    In diesem Sinne bin ich auch höchstlich erfreut darüber, dass die Rechtschreibreform ebenfalls nicht ausschließlich der Einführung von Unfug und der unerbittlichen Ausmerzung schöner Eigenheiten der deutschen Sprache Vorschub zu leisten scheint, sondern sich ebenfalls, wenn auch nur mehr ganz zart, an Vergangenes zu erinnern vermag: So lese ich in Deinem Beitrag zu meiner staunenden und entzückten Verwunderung, dass man auch des kriegerischen Elementes sich wieder mehr zu erinnern scheint, indem man bislang Altbewährtes nun wieder ‚Altbewehrtes‘ zu nennen vermag – das ist wehrhaftiglich ein unverhofftes Zeichen deutscher Goethe.

    Ich danke Dir, Gülz, für diesen Lichtblick, diese Fata Morgana in der weiten leeren Wüste.

    Auf immer
    Schnurz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert