Vor kurzem machte eine Studie zur Religiosität der Weltbevölkerung einige Schlagzeilen, weil sie zu Tage förderte, dass auch in Deutschland 70% der Menschen „religiös“ seien. Das Projekt „Religionsmonitor“ wurde von der Bertelsmann-Stiftung initiiert. Kritiker halten diese für eine neoliberale Denkfabrik. Vertreter aller Kirchen und sonstiger interessierter Kreise beeilten sich, die Ergebnisse als Bestätigung für eine Renaissance des Glaubens zu feiern…
Methodisch nahmen es die beteiligten Wissenschaftler nicht allzu genau: Die Befragungen nach den religiösen Überzeugungen der Menschen wurden nur in einer Auswahl von 21 Ländern vorgenommen. Radikalislamische Staaten hatte man vorsichtshalber ausgeklammert. Die Leute wurden in manchen Ländern persönlich, in anderen telefonisch befragt. Eine Reflexion darüber, wie sinnvoll eine Befragung von Menschen nach den so subjektiven, diffusen und moralisch belasteten religiösen Gefühlen ist, wurde – zumindest öffentlich – unterlassen.
Um auf die gewünschte Prozentzahl der „Religiösen“ zu kommen, wurden am Ende alle Detailergebnisse über einen Kamm geschoren: Ob man an den lieben Gott glaubt oder „irgendwie“ spirituell ist oder fest von der Unsterblichkeit der Seele überzeugt ist oder von der Existenz des Weihnachtsmanns – am Ende wurde das Gütesiegel „religiös“ verpasst. Vermutlich wurden auch all die dort eingecheckt, die beim Telefoninterview wegen der langweiligen und suggestiven Fragen mit einem beherzten „Heilige Scheiße!“ aufgelegt haben.
Das religiöseste Land der Welt soll Nigeria sein. Glückliches Nigeria! Bei dir ist noch alles in Ordnung. Das religiöseste Land der westlichen Welt ist nasiewissenschon. Der Osten Deutschlands drückt die BRD leider in den Glaubenscharts gewaltig nach unten. Nur 36% der Ossis sind religiös, 63% ausdrücklich nicht. Nicht nur in Sachen Wirtschaftskraft versaut diese Zone uns die Statistik, nun auch noch beim Glauben. Verdammt noch mal!
Im praktischen Leben spielt die Religion übrigens auch für die „Religiösen“ eine eher marginale Rolle. Sie rangiert in der Rangliste der wichtigsten Themen hinter 1. Partner, 2. Bildung, 3. Familie, 4. Arbeit, 5. Freizeit, 6. Politik auf dem siebten und letzten Platz. Hinter der Politik! Ist es vereinfachend, zu sagen, dass das dann wohl heißen muss: Religion ist völlig irrelevant?
In der Zusammenfassung der Ergebnisse schließen die Autoren denn auch mit folgendem Resümee: „Gleichwohl kann der Religionsmonitor zeigen, dass eine Wiederkehr der Religion oder einer [sic] Renaissance des Glaubens ebenfalls nicht behauptet werden kann.“ Das steht allerdings ganz hinten. Bis dahin waren die Schlagzeilen, die das Gegenteil behaupten, schon lange fertig.
naja, nichtglauben ist schwer denkbar, jeder, der atmet glaubt, das ihm die luft gut täte, wenn nicht, daß er sie dennoch nötig hat…Atheisten glauben einem taschenrechner oder dem computertomograph (heißt der so?) daß ein atheistenhirn 0,241 mal größer ist als das von katholiken (dafür ist der schwanz kürzer), einer glaubt, daß ihm der Glauben verantwortung abnimmt, der nächste nicht… welcher von beiden ist nun eigentlich religiös?
Dass in den Sätzen „Ich glaube an die unbefleckte Empfängnis.“ und „Ich glaube, morgen wird’s regnen.“ das gleiche Wort vorkommt, scheint mir kein Beleg dafür zu sein, dass wir alle „Gläubige“ sind. Ich denke, das Wort bedeutet jeweils etwas ganz anderes. Natürlich können auch „weltliche“ Überzeugungen religiöse Züge annehmen, z.B. im Fall von Ideologien oder Verschwörungstheorien. Und natürlich sind auch die Auffassungen des Alltags oder der Wissenschaft nicht mit letzter Gewissheit vollständig zu „beweisen“, sondern beruhen auf unhintergehbaren Annahmen. Trotzdem denke ich, dass man zwischen vernünftigen Meinungen und den unvernünftigen Annahmen der Religion unterscheiden sollte: Die ersteren beruhen darauf, dass wir Erfahrungen machen, die sie wahrscheinlich machen – die religiösen hingegen sollen wir desto stärker glauben, je weniger Belege wir für ihre Richtigkeit erhalten.
da stimme ich dir 100 prozent zu, wahrscheinlich, nein, ganz sicher ist religion schon eine böse verringerung von religiösität, das beil verstand oder buch zwischen erfahrung- und gefühlswelt gerammt, wenn religiösität eine gefühlssache ist, dann kann die sprache da nur von einer falschmeldung zur nächsten humpeln…