Über 250 Zuschauer stürmten am gestrigen Abend wieder einmal die scheune, um den monatlichen livelyriX Poetry Slam zu erleben. Auch wenn diesmal einiges drunter und drüber ging, scheint es ihrer Stimmung keinen Abbruch getan zu haben.
Irgendwie stand der Slam im November nämlich nicht unter dem besten Stern: Wir mussten wegen Terminschwierigkeiten auf den ungewohnten vorletzten Freitag ausweichen, in einigen Magazinen war ein falscher Termin angegeben, auch Flyer konnten wir diesmal aus organisatorischen Gründen nicht mehr herstellen. Dass der Slam trotz aller dieser Hindernisse wieder fast ausverkauft war, stimmt natürlich desto freudiger. Leider litten wir außerdem noch unter einem akuten Mangel an Poeten auf der Offenen Liste. Wo seid ihr, mutige Dresdner Geschichtenerzähler, Lyriker, Rapper? Dass es euch nicht geben soll, kann ich einfach nicht glauben.
Desto größerer Dank an dieser Stelle an Florian Hohmann, der auf dem schwierigen ersten Startplatz einen todernsten Text über das Lager von Guantanamo wagte, Dank an Robin Möser, der wieder mit perfekt vorgetragener Performance-Lyrik aufwartete, und nochmals besonderen Dank an Max Rademann, der sich in letzter Minute noch für einen Auftritt entschied und mit seiner erzgebirgischen Sage über den „Sport-Fiske“ nur haarscharf am Finale vorbeischrammte. Nicht in die letzte Runde schaffte es leider auch Konrad Endler aus Berlin, dem als Fußballunkundigen der Name „Ballack“ wie ein Urwaldlaut im Ohr tönte.
Nach der Abstimmung durch das Publikum standen diesmal durch Punktegleichstand vier Poeten im Finale: Lydia Daher ließ es sich nicht nehmen, eine ungeliebte Simone zu dissen, Uli Hannemann beichtete seine nicht nur herzerwärmende Sucht, auf die heiße Herdplatte zu fassen und Frank Klötgen hatte ein Berliner Lokalpoem mitgebracht, das eine Marzahner Lokalschönheit namens „Cindyrella“ besang. Den Sieg holte sich aber bei der abschließenden Akklamation ganz eindeutig die Poetin Pauline Füg, die nach persönlicher Liebeslyrik in der Vorrunde im Finale eine Liebe zum Thema machte, die sicher viele Zuschauer teilen konnten: die zu Justus Jonas.
Wir erholten uns von einem diesmal wirklich etwas chaotischen Abend, der dank der Beiträge unserer Poeten noch glücklich gerettet wurde. Aber bekanntlich darf ja bei einer Generalprobe nicht alles klappen – desto schöner wird sicher der Slam „Poetry – Dead or Alive„, bei dem am 23. November ab 22:00 Uhr im Kleinen Haus anlässlich des neuen Literaturfestivals „Literatur Jetzt!“ erstmals in Dresden quicklebendige Performance-Poeten wir Gabriel Vetter, FIVA, Ken Yamamoto und Team LSD gegen Staatsschauspieler antreten werden, die Texte verstorbener Geistesgrößen interpretieren.