Stefan und ich moderierten wie immer am letzten Freitag des Monats den livelyriX Poetry Slam in der scheune. Erst brütende Hitze, dann der reinste Wolkenbruch: Wir hatten schon die schlimmsten Befürchtungen über ein mögliches Ausbleiben der Zuschauer. Aber weit gefehlt! Weit über 200 Fans des Poetry Slam hielten uns auch bei Wechselwetter die Treue, warteten geduldig in der unvermeidlichen Schlange und sorgten wie schon in den Monaten zuvor für ein fast ausverkauftes Haus und euphorische Stimmung. Dafür an dieser Stelle nochmals den allerherzlichsten Dank! Lest weiter …
Angetreten waren wie immer zehn Poeten: Den Beginn machte Kurt Mondaugen aus Leipzig, der spekulierte, dass ALG-II-Empfänger wohl bald nur noch als Leichenträger ihren Dienst an der Gesellschaft versehen könnten. Es folgte Nils Heinrich von der Berliner Lesebühne Brauseboys, der seiner Misanthropie freien Lauf ließ. Dann erzählte Volker Strübing aus Berlin eine deprimierende Geschichte aus Mecklenburg-Vorpommern, in der nur eine gute Fee noch ein Happy End bescheren konnte. Einen Kontrast zu den eher heiteren ersten Autoren setze dann die Debütantin Claudia Dora aus Dresden mit Lyrik aus tiefster Nacht und der ebenfalls in Dresden beheimatete Robin Möser mit Gedichten über den Krieg. Als sechster versuchte Sebastian23 aus Bochum uns zu überzeugen, dass auch Kaffee ihm nichts als Entspannung bereitet. Hans-Christian Schneller aus Dresden las eine Geschichte über den Straßenbahnfahrer Bernd Kaluschnizek vor. Zum ersten Mal in Dresden war Anselm Neft aus Berlin, der in seiner Reihe „Überschätzte Bücher“ mit „Der kleine Prinz“ abrechnete. Kontrovers! Uwe Gaitzsch aus Dresden hatte vier witzige Gedichte über Kohlendioxid im Gepäck. Und last but nor least freuten wir uns darüber, dass Wolf Hogekamp von spokenwordberlin spontan vorbeischaute und seinen Text „Meditationen eines Rennfahrers“ Dresden-Premiere feiern ließ.
Das Publikum entschied sich relativ klar für drei Finalisten: Anselm Neft, Sebastian23 und Nils Heinrich. So entging uns leider ein zweiter Text von Volker Strübing, der sich mit dem unglücklichen vierten Platz begnügen musste. Wer aber mehr von Volker lesen, hören und sehen will, der werfe mal ein Auge auf seinen wunderbaren Weblog namens Schnipselfriedhof. Im Finale bewies Sebastian23 Mut, indem er anders als seine zwei Konkurrenten keinen humoristischen Text, sondern energische Performance-Poesie präsentierte. Anselm Neft machte sich diesmal nicht über andere, sondern über sich selbst lustig. Den klaren Sieg aber und eine Flasche Wodka sicherte sich Nils Heinrich mit der Geschichte einer nur allzu langen Fahrt mit dem Konschtanzer Nachtbus – unter höchstem Druck.
Wirklich, auch auf die Gefahr hin, mich hier zu wiederholen: Autoren und Publikum genossen – wieder einmal – einen wunderbaren Abend, an dem wirklich alles perfekt passte. Bis auf eine Ausnahme: Ich habe auf der Bühne zu viel Blödsinn geredet – gelobe Besserung beim nächsten Mal, am Freitag, 29. Juni ab 21:00 Uhr.