Wir waren ebenso überrascht wie erfreut: Ausgerechnet der nicht unumstrittene, von linker Seite als erzkonservativ verschrieene Schriftsteller Ulrich Schacht war der erste Dresdner Stadtschreiber, der genug Neugier und Unvoreingenommenheit besaß, sich mal den livelyriX Poetry Slam in der scheune anzuschauen. Nach eigenem Bekunden hat es ihm gut gefallen – und das mit Recht: Denn obwohl Lydia Daher leider kurzfristig absagen musste und wir – wahrscheinlich der Nacht der Wissenschaft geschuldet – weniger Teilnehmer und Zuschauer als gewöhnlich hatten, ging eine spannende und hochwertige Show vor begeistertem Publikum über die Bühne.
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Die Vorrunde begann mit Konstantin aus Dresden, der in geschliffener Sprache die Szenen einer Ehe beschrieb, in der ein Schriftsteller unter seiner verständnislosen Frau zu leiden hat. Dann feierte Falk Dietrich aus Berlin mit uns sein „Bergfest“ – den verhängnisvollen 35. Geburtstag mit all seinen Begleiterscheinungen. Ein echter Performance-Poet betrat dann die Bretter: die Augsburger Nachwuchshoffnung Tommy Tesfu brachte unter dem Motto „The Fast Die Young“ die Masse gleichzeitig zum Schweigen wie zum Kochen. Der Dresdner Thomas Jurisch hatte dem Erlebnis einer Magenspiegelung ausgesprochen humorvolle Seiten abgewonnen. Zum ersten Mal in Dresden war Sulaiman aus Paderborn und begeisterte die Zuhörer mit dem politisch ganz und gar unkorrekten Text „Ein Kanake sieht rot“. Zu unserer Freude war auch Moritz 7 aus Dresden mal wieder mit von der Partie und las Gedichte über die Jahreszeiten mit gewohnt eleganten Überleitungen, diesmal zum Thema Kameraüberwachung. Und last but not least präsentierte die Berliner Poetin „Peh“ ihre lyrische Sehnsucht, wieder 6 sein zu wollen.
Das Publikum wählte durch Punktegleichstand gleich zwei dritte Plätze: Peh und Falk Dietrich standen ebenso im Finale wie Sulaiman mit den zweitmeisten Punkten. Mit Abstand am meisten Stimmen aber konnte Tommy Tesfu auf sich vereinigen. Im Finale stellte uns Peh den Traum einer vielleicht doch nicht ganz so traumhaften Beziehung vor. Sulaiman vergas nicht, uns von seinen Erfahrungen in einer Selbsthilfegruppe für Vergessliche zu berichten. Tommy Tesfu beschwerte sich mit Hilfe des Publikums lautstark über die nicht erst von Madonna erfundene Mode, sich afrikanische Babys einzukaufen. Und Falk Dietrich widerlegte seinen abschließenden Text über das Thema Schreibblockade selbst, indem er es schaffte, den Zeitrahmen deutlich zu überziehen.
Das Publikum entschied sich dann per Applaus doch mit wünschenswerter Deutlichkeit für den Sieger des Abends: Tommy Tesfu aus Augsburg. Herzlichen Glückwunsch! Die Siegerprämie in Form einer Flasche Wodka verschwand überraschend schnell in diversen Schlünden und die Stimmung bei der After-Show-Party war ausgezeichnet.
Wir erwarten jetzt mit Vorfreude und Ungeduld den Höhepunkt der Dresdner Slam Saison: den GRAND SLAM OF SAXONY in der Jungen Garde im Großen Garten am Freitag, den 27. Juli, ab 19:00 Uhr.