Zeit-Zone

Eine Neuigkeit gibt es vom sächsischen Pressemarkt zu vermelden: Die Wochenzeitung DIE ZEIT erscheint in Sachsen seit Neuestem mit einer zweiseitigen Regionalbeilage unter dem Titel „ZEIT für Sachsen“. Chefredakteur Giovanni di Lorenzo versteht die Eröffnung eines Korresponadentenbüros als Start einer Ost-Offensive, die die Zone stärker in den Fokus der Berichterstattung rücken und so auch mehr Leser im Osten gewinnen soll:

„Die Presse der alten Bundesrepublik hat es in den neuen Ländern schwer. Das könnte daran liegen, dass Zeitungen ein Teil der Geschichte ihrer Leser sein müssen, um akzeptiert zu werden. Aber auch daran, dass sie nur gekauft werden, wenn sie das Leben der Menschen, die sie lesen sollen, abbilden. Genau das ist vielen Zeitungen, auch der ZEIT, bisher nur begrenzt gelungen.“

Tatsächlich haben es – abgesehen von Boulevardmedien – die überregionalen Tages- und Wochenzeitungen nicht geschafft, im Osten Fuß zu fassen. Das gilt sicher besonders auch für DIE ZEIT, deren großbürgerlich-akademischer Ton im Osten eher fremd wirkt – mal ganz abgesehen davon, dass sich manche Beiträge des Kulturteils lesen wie die Evangelische Kirchenzeitung.

Manch einer wird sagen: Was soll man auch anfangen mit Leuten, die freiwillig SuperIllu lesen und den MDR anschauen? Umgekehrt konnten Journalisten aus dem Westen selten der Versuchung widerstehen, ihre Berichte aus der Zone als satirische Dschungelreportagen über halb komische, halb erschreckende Eingeborene abzufassen. Und selbst Schreiber aus dem Osten stehen vor einem Dilemma: Entweder sie verfallen in den populären „Wir hier bei uns“-Ton oder aber sie distanzieren sich halb-ironisch von ihren doch oft arg peinlichen Mitzonis, was man ihnen im Osten übel- und im Westen nicht abnimmt.

DIE ZEIT dürfte hoffen, dass sich eine jüngere, akademisch gebildete Mittelschicht besonders in Dresden und Leipzig mit Hilfe der Regionalseiten an die Wochenzeitung binden lässt. Die jüngste Ausgabe vom 12. November berichtet wohl nicht zufällig gerade darüber, dass ostdeutsche Unis verzweifelt (und bisher wenig erfolgreich) versuchen, mehr West-Studenten in die Zone zu locken. Ansonsten sind die zwei Seiten thematisch doch arg CDU-lastig ausgefallen: Ein Bericht darüber, was Georg Milbradt gerade macht (Polnisch lernen), dazu noch ein Artikel über den ehemaligen CDU-Bürgermeister von Pirna, der jetzt Innenminister geworden ist. Dazu eine mittelmäßig inspirierte Kolumne unter dem Titel „Ostkurve“ von Christoph Dieckmann. Alles interessant, aber nicht spektakulär. Ob sich durch zwei Seiten allein neue Leser gewinnen lassen, bleibt fraglich. Aber ein Angebot für all jene, die ohnehin ab und zu die Wochenzeitung lesen, ist es sicher.

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