Voller Enthusiasmus für das gegenwärtige Theater betrat ich am vergangenen Sonntag das Kleine Haus des Dresdner Staatsschauspiels, um zu schauen, was da auch komme. Ich entschied mich für Dürrenmatts Der Besuch der alten Dame – ohne weiter darauf zu achten, dass im Kleingedruckten von einer „Neubearbeitung von Armin Petras“ die Rede war. Dessen Namen hatte ich schon oft mal gehört, wenn von prominenten Vertretern des jüngeren deutschen Theaters die Rede war. Es gab nur noch Karten mit Sichtbehinderung, die ich dennoch freudig erwarb. Hätte es doch bloß nur noch Karten mit einhundertprozentiger Sicht- und Hörbehinderung gegeben!
Es ist dem Bearbeiter gelungen, das Stück in eine sprachlich platte, inhaltlich völlig überflüssige Nummernrevue zu verwandeln. Die alte Dame kommt jetzt aus dem Westen in ihre alte Heimat zuürck und bietet den Bewohnern einer nach dem „freundlichen Umschwung“ verarmten ostdeutschen Kleinstadt eine Milliarde, wenn sie ihren ehemaligen untreuen Geliebten umbringen. Das böse Geld korrumpiert natürlich die Leute! Statt Kapitalismuskritik gibts pseudo-politischen Phrasendresch, die Dialoge der Figuren sind mit ödestem Berlin-Mitte-Geschwalle angereichert. Ein Effekt nach dem anderen (Gesangseinlagen, fliegende Blätter, Videospielgeballer, unmotivierte Fickificki-Szenen, Kunstnebel, Windmaschine …) jagt über die Bühne – doch keiner kann das immer lauter werdende Gähnen des Publikums übertönen. Ein paar müde Anspielungen auf Dresden gibts auch noch, aber kein Rentner hat mehr die Kraft, empört den Saal zu verlassen. Trotz einer Handvoll Dauerbegeisterter im Publikum ist der schmale Applaus am Ende bestenfalls Zeugnis der Erleichterung.
Vor dem Besuch der Inszenierung muss ich dringend warnen. Geht lieber in die Italienische Nacht!