Wir sitzen alle im selben Zug

In Bautzen steigt ein Mensch in den Zug Richtung Breslau ein, der entfernt an eine Frau erinnert, drei Zentner wiegt und ein T-Shirt mit der Aufschrift „Division 88“ trägt. Schön, denke ich mir, dass auch die Lausitzer Nationalsozialisten von der neuen Direktverbindung nach Polen profitieren. Völkerverständigung at its best! Leider steigt sie/es aber schon in Görlitz wieder aus. Schade, aber ist sicher besser so, die Polen hätten sonst vielleicht im ersten Reflex panzerbrechende Waffen eingesetzt. Man weiß ja, die haben da so ihre Empfindlichkeiten. Hätten die Polen nur ihre Vergangenheit so gut bewältigt und verarbeitet wie wir.

Wroc?aw (Breslau) ist übrigens sehr sehenswert und nur dreieinhalb Stunden von Dresden entfernt. Die 630000 Einwohner zählende Stadt macht einen sehr lebendigen Eindruck, was an den Unmengen von Studenten liegen dürfte, die eine Atmosphäre von Lebensfreude, Vergnügungssucht und zielloser Geilheit verbreiten. Die Stadt besitzt sicherlich höchst interessante Museen und Galerien, was ich aber nicht beurteilen kann, da wir stattdessen den Zoo und den Botanischen Garten besuchten. Kneipentipp: „Wiezienna“, ein Biergarten im Hof des Gebäudes des Ethnologischen Instituts direkt in der Innenstadt. Überhaupt sehr interessant zu sehen, wie gut eine Altstadt funktionieren kann, in der ganz normale Einheimische ganz normale Dinge tun. Nun ja, in Dresden haben wir dank der barocken Knotenköpfe vom „Verein Historischer Neumarkt“ eben ein Freilichtmuseum als Stadtkern. Geheimtipp: Besuch des jüdischen Friedhofs, der halb verwachsen hinter einer riesigen Friedhofsmauer im Süden der Stadt liegt. An zahlreichen Gräbern finden sich Einschusslöcher, weil die Wehrmacht den geschlossenen Friedhof kurz vor Kriegsende zur Festung ausbaute. Das wäre doch ein toller Stoff für den nächsten Zweiteiler im ZDF: „Heldenhaft kämpfen junge deutsche Soldaten einen hoffnungslosen Abwehrkampf zur Bewahrung des jüdischen Erbes vor den heranrückenden Barbaren der Roten Armee …“ Anfragen zwecks Drehbuch bitte mit Honorarvorschlag per E-Mail.

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